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helene_balbuzard [2023/05/12 15:52] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1
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 +====== Le Lion en hiver ======
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 +Der Glanz des leonische Kaiserreich verblasste bereits, als die Heléne Balbuzard das Licht der Welt erblickte. Geboren als jüngste Tochter des mächtigen Duc de Rohan-Coucy, eines Vetters des Kaisers, wuchs sie mit allen Privilegien ihres Standes auf.
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 +Leonis war zu dieser Zeit eine absolutistische Monarchie, in der wenige besitzende Familien alle Macht Inne hatten. Die Familie bedeutete alles, der Einzelne nur wenig. Jeder hatte sich den Regeln seines Standes zu unterwerfen. Was für Hochadelige bedeutete, dass man entsprechende Schulen zu besuchen hatte, wo man seinesgleichen kennen lernte, auch wurden hier bereits die entsprechenden Ehen arrangiert. Anschließend kaufte man sich in die entsprechenden Militärregimenter ein, um dort seine Pflichtzeit abzudienen und sich vielleicht ein wenig militärischen Ruhm zu verdienen.
 +Die Masse der leonisches Bevölkerung gehörte dem Bürger- und Bauernstand an. Eine dünne Schicht wohlhabender Bürger versuchte dem Adel nachzueifern, heimste dafür aber den Spott des Adels und die Verachtung der Armen ein. Die Mehrheit schaffte es über die Runden, arbeitete als Handwerker für die reichen Grundherren oder zog als Tagelöhner durchs Land, da der größte Teil des Ackerlandes privater Besitz weniger Familien war.
 +Was die Lage zudem zuspitze war, dass es eine allgemeine Wehrpflicht für alle zwischen 17 und 35 Jahren gab. Jeder konnte zu jeder Zeit für einen beliebigen Zeitraum einberufen werden und musste dann in den Kriegen der Oberschicht kämpfen. Mit dem Unterschied, dass es für diese eine relative Sicherheit und exzellente medizinische Versorgung gab. Im Laufe der vielen Scharmützel blutete Leonis langsam aus, weil rücksichtslose und untalentierte Offiziere ihre Soldaten in sinnlose  Gefechte führen, nur um sich selbst einen Orden zu verdienen.
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 +In dieser Epoche wuchs Heléne, geboren als  Genevieve Florence Heléne Princesse de Rohan-Coucy, auf und erlebte nur am Rande, dass es in der Bevölkerung rumorte. In der Schule wurde sie, wie alle Zöglinge des Adels, von den Nachrichten ferngehalten. Doch im Gegensatz zu ihren Mitschülern verweigerte sie sich dem Desinteresse und suchte gezielt die Nähe zu den Bediensteten. Sie hörten ihnen zu und erfuhr so, von den tatsächlichen Dingen jenseits der Standesmauern. Als sie ihren Abschluss machte und ihr Vater sie aufforderte sich für ihren Militärdienst ein Regiment zu suchen, verweigerte sie zum ersten Mal den Gehorsam und suchte sie eine Stelle als Krankenschwester. Gegen den erbitterten Widerstand der Familien, zumal es ein großer Skandal war. Da sie aber die jüngste Tochter war, setzte man die Hoffnung in die anderen Kinder.
 +In einem der ungenannten Kriege gegen Virgon arbeitete sie als Schwester in an der Front und versorgte Verwundete ungeachtet ihrer Herkunft. Vielleicht kam sie dort in Kontakt mit verschiedenen politischen Ansichten und der republikanischen Bewegung. Jedenfalls zeigt sich in der Zeit vermehrter zivile Ungehorsam. Nach Ende ihres Dienstes, schrieb sie sich für Politik und Philosophie an der Universität von Luminiere ein.
 +Spätestens hier bekam Helene Zugang zu den studentischen Kreisen, die aktiv die Revolution planten. Die Monarchie hatte sich überlebt, insgeheim wussten es die meisten, doch je mehr man zu verlieren hatte, desto so mehr klammerten sich die Besitzenden an den Status Quo.
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 +Doch die Revolutionären wurden lauter und sichtbarer in den Straßen. Aus friedlichen Protesten und Aufmärschen, wurden teilweise gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht. 
 +Und als die ersten Steine flogen eskalierte es.
 +Während einer dieser Proteste wurde Heléne zum ersten Mal verhaftet, doch der Einfluss ihres Vaters brachte sie schnell aus dem Gefängnis. Damals hofften sie noch, die Tochter aus gutem Haus wieder zur Räson bringen zu können. Doch im gleichen Maß wie die Massen lauter wurden, drehte das alte Regime durch. Statt mit kühlem Kopf auf die Bürger zuzugehen, wurde eine Geheimpolizei geschaffen und Gesetzte gegen den Terror erlassen. Nach wenigen Jahren lebten die Bürger in Angst und der Adel in einer Scheinwelt aus Sicherheit.
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 +In einer Nacht und Nebel-Aktion der Geheimpolizei, die für ihre Brutalität bekannt war, wurde Helene erneut verhaftet. Diesmal ohne das Wissen ihrer Familie und unter falschem Namen. Nach Wochen erst erfuhr ihrer Brüder, der im ersten Leibdragoner Regiment diente, zufällig, dass seine Schwester im berüchtigten Chateau de Nuit festgehalten wurde. Schnell war die Sache aufgeklärt und man bedauerte das Missverständnis zutiefst, auch wenn man eine deutliche Warnung aussprachen, dass man diese revolutionären Umtriebe nicht länger dulden würde. Der Duc de Rohan-Coucy war angezählt, beschwor aber seine unverbrüchliche Treue gegenüber Kaiser und Krone. Aber der Schaden war bereits angerichtet.
 +Als Helene aus dem Gefängnis entlassen wurde, war ihre Familie entsetzt. Bislang hatten sie alle Greuelgeschichten als Propaganda der Revoluzzer abgetan. Nun bekam ihre heile Welt breite Risse. Den die Folterknechte der Geheimpolizei hatten ihr grausiges Werk mit großer Kunst verrichtet. Auch wen die spätere Präsidentin niemals ein Wort darüber verloren hatte, war ihre fehlende linke Hand stets ein sichtbares Zeichen und Anklage zugleich.
 +Auf Drängen ihrer Familie und auch wegen der durchgehende Beobachtung zog sie sich auf einen Landsitz der Familie zurück. Dort erreichte sie nach vielen Monaten auch die traurige Nachricht, dass ihr jüngster Bruder Guillaume, der Capitaine der Leibdragoner, wegen Verrats erschossen worden war.
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 +In dieser Zeit radikalisierte sie sich dahingehend, dass nur eine vollständige Abschaffung der alten Ordnung und eine parlamentarische Demokratie Leonis retten konnte. Viele Jahre schrieb sie im 
 +Geheimen ihre Essays und Bücher, die durch treue Mittelsmänner verteilt wurden. Oft geriet sie ins Visier der Ermittler, die aber nie genug Beweise fanden.
 +Und als die alte Ordnung in einem Volksaufstand hinweg gefegt wurde, der wütende Mob bereits vor den Toren Rohans-Coucys stand und der alte Duc noch einmal zum Kampf bereit war, da trat sie erneut ins Licht der Öffentlichkeit. Rief zur Besonnenheit auf und überzeugte die Massen davon, dass faire Prozesse und freien Wahlen der einzige Weg in die Zukunft waren.
 +Genevieve Florence Helene Princesse de Rohan-Coucy wurde unter ihrem Nom du Guerre Heléne Balbuzard die erste frei gewählte Präsidentin der ersten leonischen Republik. Sie regierte zwei Amtszeiten und starb mit 64 Jahren an den Spätfolgen der Folter, im Kreis ihrer Familie.
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 +Auf ihrem Denkmal in Luminière stehen in den Sockel gemeißelt die beiden schlichten Worte „Madame Liberté“.
  

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